FR: Sie haben eine 105-prozentige Lehrerversorgung angekündigt. Jetzt wird deutlich, dass zunächst doch nur eine hundertprozentige Versorgung kommen soll und es mit den 105 Prozent noch etwas dauert. War die Ankündigung zu voreilig?Ein Blick in die erwähnte Koa-Vereinbarung zwischen CDU und FDP unter dem Titel "Vertrauen. Freiheit. Fortschritt" vom Januar 2009 zeigt:
H:Nein. Die Koalitionsvereinbarung gilt für die Dauer einer Legislaturperiode. Dass wir nicht gleich auf 105 Prozent gehen können, sondern in mehreren Stufen, war von Anfang an klar.
FR:War Ihre Ankündigung missverständlich oder wurde sie nur absichtlich missverstanden?
H:Ich habe immer gesagt, das Ziel ist, auf 105 Prozent Versorgung zu kommen. Einen genauen Zeitpunkt habe ich nie genannt.
...Die Schulen erhalten in Zukunft eine Zuweisung von Lehrerstellen im Umfang von durchschnittlich 105 Prozent, verbunden mit der Möglichkeit, davon 20 Prozent als Geldmittel zur freien Verfügung einzusetzen...Aus Sicht des Januar 2009 ist das Schuljahr 2009/2010 auch "in der Zukunft". Eine zeitliche Einschränkung des Zieles, eine Äußerung zur Überbrückung von der 96% Lehrerversorgung (die die CDU allein zu verantworten hat) bis zur vollständigen Zielerreichung ist nicht sichtbar. Ohne Haare spalten zu wollen, kann der Leser eine Änderung in sechs Monaten erwarten.
Es mag den beteiligten Fachkräften klar gewesen sein, dass ein solcher Schluck aus der Pulle nicht gleich und am Anfang einer Legislaturperiode möglich sein wird. In der Vereinbarung zwischen den Fachleuten ist eine explizite Formulierung vielleicht auch nicht notwendig gewesen. Interessant ist sie für die hessischen Wähler, die sich NICHT so tief auskennen. An anderen Stellen hat man - selbst im Koa-Vertrag - Zeitvorgaben näher beschrieben (z.B. bei der "Sternchen-Regelung", was immer das auch sein mag oder war).
Auch der schulpolitische Sprecher Döweling (der ohne eigene Webseite!) nimmt die gleiche (laxe) Position ein: Dass die Koalition das nicht auf Anhieb schaffen könne, müsse doch allen klar sein! Allen anwesenden Zuhörern war klar, dass diese Position umgehend von der Opposition als Wortbruch in einem in Hessen sehr emotional betrachteten Politikbereich aufgegriffen wird. Die ganzen kleinen FDP-Mitglieder, die Wahlkampf aktiv betreiben und tragen, werden dafür die Prügel einstecken. Danke!
Was heisst eigentlich "schon immer gesagt"? In 2007 sagte die aktuelle Ministerin"Sie machen den Eltern ein X für ein U vor"..."wir wollen 105% Lehrerversorgung" - auch schon damals ohne zeitliche Einschränkung. Im Wahlkampf das gleiche. Als gewählte Kultusministerin - und nach der Wahl - wird es präziser:
Auch das Ziel, in Hessen eine 105-prozentige Lehrerversorgung einzuführen, wovon die Schulen bis zu 20 Prozent in Geld erhalten können, werde somit vom kommenden Schuljahr an sukzessive verwirklicht.Es erscheint irgendwie nicht überzeugend, dass sich die FDP für ein wichtiges Thema im Wahlkampf stark macht, es auch objektiv messbar macht und dann während der gesamten Legislaturperiode darauf langsam hinarbeitet, um es erst am Ende zu erreichen, wenn vielleicht eine andere Mehrheit die schwer erarbeiteten Früchte einer verbesserten Lehrerversorgung erntet?! Während der gesamten Zeit werden nicht die inzwischen vielleicht tatsächlichen Verbesserung diskutiert, sondern dass das (End-)Ziel noch immer nicht erreicht ist. Es wird für die nächsten Jahre bei der relativ schlechten Ausstattung noch bleiben - so hat sich der Wähler das nicht gewünscht.
Das Land Hessen muss mit der Koalition in diesem Jahr 2009 einen Nachtragshaushalt von über 2.000.000.000€ aufnehmen, da hätten die kompletten Lehrerstellen für eine 105% Versorgung noch mit hineingepasst. Resultat wäre eine schulpolitische Erfolgsmeldung ohne gleichen: "Versprochen - Gehalten!" Ob man die Stellen auf einen Schlag hätte besetzen können, steht auf einem anderen Blatt und kann gerne getrennt betrachtet werden. Aber die FDP backt anscheinend lieber kleinere, aber realistischere und finanzierbarere Brötchen, die dann noch zur Prügel auf die FDP verwendet werden können. Danke!
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