"Klare Worte" fielen auf dem FDP-Parteitag erwartungsgemäß eher selten. Sie wurden weder von den Delegierten ausgesprochen, noch vom Podium geduldet. Der Landesvorsitzende hatte bereits im Vorfeld öffentlich entsprechende Signale gesendet.
Ich kann den Unmut der Parteibasis darüber nachvollziehen, dass politische Inhalte, für die man geworben hat, derzeit in Berlin nicht mit Priorität 1 behandelt werden. (Quelle)
«Strengt Euch doch endlich an in Berlin.»Der professionell gekonnte Euphemismus nimmt einen Teil des Windes aus den Segeln der FDP-Basis, der es wohl nicht um Prio1 oder Prio2 geht, sondern dass KEINE Entscheidungen nach der Beschlußlage ausgeführt werden sollen.
„Das letzte, was wir brauchen, ist ein öffentliches Scherbengericht“, sagte Präsidiumsmitglied Nicola Beer.
Hermann Otto Solms, den viele gerne als Bundesfinanzminister gesehen hätten, rief seine Parteifreunde dazu auf, „kühlen Kopf“ zu bewahren.
Auch die Ehrenvorsitzende der hessischen Liberalen, Ruth Wagner, ergriff in einer teils hitzigen Debatte das Wort. Mit anderen Delegierten legte sie eine Art Gegenantrag vor, der die ursprüngliche Antragsfassung aus Limburg-Weilburg ersetzte.
Der Bundestagsabgeordnete Gerhard sprach auch eine längere Rede, verwendete angesichts der Stimmung dabei "klare Worte" wie Maß halten, Zurückhaltung, Geschlossenheit, nur konstruktive Kritik, Rücksicht, Verständnis.
Er verwendete der Erinnerung nach nicht die unklaren Worte "etwas bereuen", "Aufrichtigkeit", "mehr Rückgrat zeigen", Standhaftigkeit, Zusammenarbeit, Disziplin, Transparenz, Wahrheit oder Konsequenz. Er versprach den Delegierten oder den durch sie vertretenen FDP-Mitgliedern nichts neues, nichts unmögliches und nichts ungewohntes - ein professioneller Kandidat wie in der Apparat seit Jahren kennt und schätzt.
Die hess. FDP betonte in Künzell nochmals, dass es für alle Abgeordneten kein "imperatives Mandat" gibt, die von der Partei gelisteten und geordneten Abgeordneten nicht an irgendwelche Partei-Beschlüsse gebunden sind:
"Es gibt kein imperatives Mandat", sagte Hahn - also keine Verpflichtung, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen.
Andererseits steht bereits ausreichend fest:
Die FDP-Wahlmänner aus Hessen werden ihre Stimme in der Bundesversammlung Christian Wulff (CDU) geben.
Somit unterwerfen sich auch die hessischen "liberalen" Wahlmänner dem "mütterlichen" Diktat.
Der FDP-Parteitag verlief professionell, natürlich rechtlich völlig einwandfrei, klinisch sauber und friedhofsmäßig ruhig. Unnötige Emotionen wurden nicht zugelassen, dazu führende Ansätze bereits im Vorfeld abgewürgt, die Anträge geleitet durch das Präsidium von der Delegiertenmehrheit nach Möglichkeit in die Ausschüsse und die ferne Zukunft verwiesen und somit EGALisiert.
Die Einladungen gingen nur an die Delegierten, aus Kostengründen nicht an hess. FDP-Mitglieder. Das Antragbuch oder die Redetexte waren vorher nicht erhältlich. FDP-eigene Aufzeichnungen der Reden oder Beiträge wurden wohl wieder nicht vorgenommen. Rundfunkeigene Aufzeichnungen stehen zwar den Medien zur Verfügung, aber nicht den FDP-Mitgliedern, geschweige denn der Öffentlichkeit oder den Wettbewerbern, obwohl sie natürlich aus GEZ-Mitteln bezahl wurden.
Der Parteitag war für den Apparat also ein voller Erfolg des professionellen FDP-Landesvorstandes, seiner informellen Zuarbeiter und Hilfstruppen. Respekt!
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