Sonntag, 2. Oktober 2011

Liberale, deren Stil und Selbstkritik

Der FDP-Generalsekretär Lindner gibt über die üblichen Kanäle, also durch die Filter der überregionalen und überparteilichen (;-) Presse bekannt und zu wissen:
Die Partei soll sich sozialer geben.
Na dann geben macht "die Partei", also die Parteiführung, das auch - sie gibt sich (noch) "sozialer", was auch immer das heißen soll. Das heisst jetzt wohl nicht, dass die Parteiführungsclique auch sozial sein muss, zumindest noch mehr als zu ihren engen Freunden und Kollegen ("In-Group"). Der dämliche Rest (ddR) zählt nicht, weil er keine weiteren Beiträge mehr zum persönlichen Fortkommen leisten kann.

Gerade die FDP-Mitglieder brauchen sich nicht bemühen, auf sie kommt es in der politischen Willensbildung in der Volkskammer2.0 des 21.Jahrhundert nicht mehr an. Sie haben ihre Pflichten teilweise erfüllt, als sie "sich" diese FDP-Funktionäre zu ihren Herren und Gebietern wählten. Die andere notwendige Pflicht der verbliebenen Mitglieder ist der regelmäßige Obulus, der von allen FDP-Mitgliedern, seien sie real und lebendig oder tot oder gar erfunden, gezahlt werden muss, dass die "Stimmen" bei den FDP-Parteitagen und den darin zugrundeliegenden Gliederungsabstimmungen stimmen.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat seine Partei zu einer programmatischen Selbstkorrektur aufgefordert.
Dem Autor kommt das so vor, als wäre für Hr. Lindner das links-lastige und staatsfreundliche FDP-Programm von Wiesbaden bis Freiburg bekannterweise veraltet, irgendwie sachliche falsch und eine Hauptursache der Enttäuschung der Wähler. Dabei ist doch der große Unterschied in der FDP der 2009er Wechsel von der lautstarken Oppositions- auf die schweigende Speichellecker-Bank gewesen?! Mit diesem Programm und mit dem Wahlprogramm hat man nie gesehene Erfolge eingefahren - daher sollte man das PROGRAMM ändern???

Aber einen Moment - das ist ja gar nicht das Interview selbst, sondern ein Artikel aus einem Artikel über das Interview, dass die WELT da ihren verbliebenen Lesern andreht. Die Redaktion muss natürlich nicht ihre Quellen oder das originale Interview verlinken, wo käme man denn da auch hin??
Wenige Klicks später ist man im eigentlichen Interview - nicht dem Mist, den "dpa" daraus noch anrichtet.
Liberal zu sein heißt, politische Fragen mit einem bestimmten Stil zu beantworten. Eine Art politische Relativitätstheorie.
Gut, dass wir alle das mal erfahren - es geht nicht um die jeweilige Sache in seiner fachlichen Niederung, sondern mehr darum, wie man "liberal" darüber spricht?
Zur Kunst der studierten Juristen gehört, in einem Plädoyer auch ein gewisses Rest-Maß an Wahrheit einzuflechten, damit sich die Hoffnung der Leser daran festklammern kann:

Für Liberale heiligen die Zwecke dagegen nicht alle Mittel.
Was ist dann mit der Ausgrenzung der innerparteilichen Dissidenten, die sich weigern den ziellosen Kurs weiter mitzugehen?
die Bürgerinnen und Bürger brauchen finanzielle Feuerkraft, um ihre Lebensentscheidungen zu treffen. Deshalb muss man die Ansprüche des Fiskus mit den privaten Bedürfnissen ausbalancieren. Da kommt es auf das richtige Maß an.
Und dieses Maß kennt die FDP-Bundestagsfraktion besser, wie jeder Steuerzahler. Sie sind berufen und auserwählt, über unser aller geringes Wohl und großes Wehe zu entscheiden und tun das auch mit dem gewohnten Stil. Sie müssen uns nicht fragen, sie wollen uns nicht fragen und sie werden uns nicht freiwillig fragen. Deren Zwecke und auch die Größe der einzugehenden Verträge zulasten Dritter heiligen nicht eine FDP-Mitgliederbefragung oder gar einen Volksentscheid.
Die finanzielle Feuerkraft jedes Deutschen ist gerade um rund 400.000€ verschlechtert worden. Das ist für manche Menschen mehr als sie in ihrem Leben noch zusätzlich aufbringen können. Da hat die FDP-Fraktion, deren führender Teil der Interviewte ist, pflichtgemäß der Treue zur Konkurrenzpartei-Chefin Merkel gut ausbalanciert und uns Bürger über den Löffel balbiert. Das "richtige Maß" war nach Ansicht der systemrelevanten FDP-Führung noch nicht voll genug mit Belastungen der dt. Bürger.

Also ist das einführend genannte FDP-Programm schuld und muss von den unmündigen, unfähigen FDP-Mitgliedern unter aufopfender Führung durch die  "Jungen Milden" rasch und vollständig noch ge- und verschärft werden.
Ein Grundsatzprogramm hat immer den Charakter der Selbstvergewisserung, aber auch der Selbstkorrektur.
SO hat das anscheinend die FDP-Führung "verstanden", denn sie hat ja bereits nach der gescheiterten NRW-Wahl "den Knall gehört". Demütig ist sie seit der Koalitionsverhandlung 2009 - zumindest gegenüber dem größeren und dominanteren Koalitionspartner. Die für die FDP-Mitglieder unsteuerbare FDP-Führung fährt damit die Zustimmung für die gesamte Partei auf allen politischen Ebenen von rund 14,6% auf 1,8% herunter.  Durch Umsetzung der angekündigten bzw. "versprochenen" liberalen Politik würde die Zustimmung  -gerade bei dem schwachen Bild, dass die gesamte Opposition zeigt- umgehend auf 25% hochschnellen - aber wer kann das wollen?!?

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