Samstag, 14. Februar 2009

VoBa Mittelhessen auf Wachstumskurs in der Finanzkrise

Anlässlich der Jubelmeldungen der hiesigen "Volksbank Mittelhessen" in Genossenschaftsversammlungen und nachfolgenden Pressemitteilungen möchte ich ein paar Gedanken zum Thema Banken aufschreiben. Ich habe nicht Banker gelernt, nicht Banker studiert, habe nicht als Banker gearbeitet (nur ein wenig "beraten"). Ich bin nur Kunde und Genosse einer solchen Bank.
"Unsere Bilanzsumme ist 2008 von 4319 Millionen Euro auf 4468 Millionen Euro gestiegen. Das ist ein Plus von 3,4 Prozent. Das Geschäftsvolumen erhöhte sich von 4431 Millionen Euro auf 4594 Millionen Euro. Das Eigenkapital der Bank betrug zum Jahresende 293 Millionen Euro. Davon entfielen 45 Millionen Euro auf die Geschäftsguthaben der Mitglieder". Diese Zahlen nannte gestern Abend der Vorstandssprecher der Volksbank Mittelhessen, Dr. Peter Hanker, in Gießen in deren Mitgliederversammlung.
Die Banken und die "Finanzkrise" sind ja ein nicht ganz neues Thema. Wie gut ist eine Volksbank dabei aufgestellt, wie sicher, wie stabil ist sie, wie flexibel geht sie mit Chancen und Risiken um?

Das Problem

Was passiert, wenn jetzt nur z.B. ca. 5% der 2,5 Mill. € Forderungen sich als nicht so werthaltig herausstellen, wie bisher gedacht? Dann müssen 125 Mio "abgeschrieben" werden. Nach den früher gültigen, weil seit Jahrhunderten bewährten kaufmännischen Regeln müssen sie sofort ("kaufmännische Vorsicht", Niederstwert-Prinzip) wertberichtigt werden. Wie gross ist noch das Eigenkapital? (Antwort: 250-300 Mio. bei einer Kreditvergabe von 2500 Mio.) Ooch... es hat sich um ein Drittel verflüchtigt. Ist aber anteilig "zu wenig" Eigenkapital vorhanden, so muss eine Bank schließen!

Die Volksbank kann und hat also aus jedem Euro, der ihr als Eigenkapital zur Verfügung gestellt, jedesmal 10 Euro Kredite "geschöpft". Dies ist ihr Hebel, in guten Zeiten so schön, wie in schweren Zeiten so gefährlich. Dieser Hebel ist heutzutage leider nicht ungewöhnlich, leider ist er auch legal, denn es ist ja nicht aller Unsinn verboten, sondern und gerade die Dummheit, Gier und Größenwahn sind noch erlaubt! Genauso erlaubt ist es, den eigenen Kopf in den Sand zu stecken und sich nicht darum zu kümmern, was aus seinen Anteilen wird. Es ist erlaubt zu ignorieren, dass das Geschäft gewissen Schwankungen unterliegt, es nach einem Aufschwung auch mal einen Abschwung geben kann / muss. Wenn man mit diesen großen Hebeln arbeitet, dann hebeln diese auch im Negativen - was aber gerade der kleine Genosse, die kleine Genossin erst begreift, wenn es zu spät ist.

Mehrere Fragen stellen sich ganz klassisch:
  • Wie kam es dazu?
  • Was kann man dagegen tun?
Betrachten wir zuerst die Stakeholder - den Vorstand, die Genossen und deren Vertreter.

Der Vorstand

Man darf davon ausgehen, dass ein Vorstand "seine" Bank gerne weiterentwickeln möchte. Dafür gibt es verschiedene Richtungen, in die man ein Unternehmen führen kann. Vielleicht in Schnelligkeit, Kundenorientierung, Freundlichkeit, Verlässlichkeit, Modernität, Flexibilität und kostengünstige Bankdienstleistungen. Vielleicht aber auch in die Richtung "wir basteln uns aus vielen kleinen Banken eine fette, grosse Bank" aka "was san Mir Kerle, was hu mer Bäuch!!". Eine solche Bank braucht natürlich auch gute Vorstandsgehälter, Tantiemen, Boni - ein kleines Bischen Eigennutz des Vorstandes könnte doch vielleicht schon dabei sein?

Aber der Vorstand ist ja nicht allein an den gut gefüllten Geldtöpfen! Er muss sich - theoretisch - vor den Genossen rechtfertigen! Für die Genossen muss natürlich etwas geboten werden.

Die Genossen und ihre Vertreter

Die Genossen haben kleinere Genossenschaftsanteile bei ihrer Bank, sie wollen auf dieses Kapital eine nette Verzinsung. Das tut keinem weh, das ist nett, das ist stabil. Nachdem bisher - mit Brecht - die Gründung einer Bank einen popeligen Banküberfall "outperformt" (management-neudeutsch für "übertrifft"), erhalten die Genossen diese nette Verzinsung durchaus. Die Genossen sind also eher friedlich. Sie erhalten ihre Dividende und das eingesetzte Anteil erscheint auch noch recht sicher. Die darüberhinaus eingesetzten Einlagen sind ja "durch die Bundeskanzlerin persönlich garantiert" (wie immer das gehen soll!). Friede herrscht in den Herzen der noch Besitzenden.
Damit das auch so bleibt, ist die Mitgliederversammlung so friedlich wie nichtssagend. Es kommt immer ein bekannter Redner, der voll des Lobes über ein interessantes Thema spricht. Für die Genossen mehr vom Land kommt auch ein Zauberer oder ein wenig Varieté?

Das gleiche sanfte Programm für die Vertreter, sie haben also einen recht friedlichen Job. Sie werden ein wenig hoffiert, sie bekommen ein paar mehr Informationen und sie nicken zur Politik des Vorstandes. M.E. besteht seitens der Vertreter nicht die Notwendigkeit zu kritischen Fragen, ernsten Gesprächen, Rückfragen und Beschwerden. Sicherlich werden die gewählten Vertreter als VIPs verstanden und erhalten eine besonders freundliche Betreuung im vielleicht "Potemkinschen Dorf" einer großen Bank in der aktuellen Finanzwelt.

Was den Genossen nicht ausgeschüttet werden muss, was dem Staat nicht in den gefräßigen, unersättlichen Rachen geworfen werden muss, dass kann selbst ausgegeben werden. In diesem Jahr so 60 Mio. Die Bank selbst verfügt dabei über modernste Verwaltungs- und Geschäftsräume, die sie auch gelegentlich erweitern lässt - man ist so groß und so erfolgreich. Die Arbeiten werden dann - großzügig - eher in der Region beauftragt.

Was kann man tun


Als Genosse kann man sein Gehirn versuchen einzuschalten und auf die ja gewählten Vertreter zugehen und sagen:
  • Was tun, wenns brennt? Welche Schritte habt ihr unternommen, um negative Konsequenzen zu begrenzen oder zu vermeiden (Nach KonTraG und Basel2 ist es natürliche Aufgabe des Vorstandes sich dort zu engagieren, mögliche Risiken zu suchen, zu identifizieren und aktiv Maßnahmen zu planen.)?
  • Was sind die aktuellen Risiken? Welche Wahrscheinlichkeiten hat ihr Eintreten?
  • In welchen wenigen, aber großen Geschäften ist die Bank engagiert, die welche negativen Folgen haben können, wenn eines davon ausfällt?
  • Welche Versicherungen konnten für diese Fälle abgeschlossen werden, welche starken Partner konnten dort mit eingebunden werden?
Das System aus Genossen, Vertretern, Vorstand ist sicher leistungsfähig genug, wenn man es nur nutzt. Das System aus Aktionären, Aufsichtsrat und Vorständen einer Nicht-Genossenschaftsbank wäre ebenfalls leistungsfähig genug, würden die staatlichen Aktionäre sich (markt-)wirtschaftlich verhalten, der Aufsichtsrat weniger durch Prominenz als mehr durch Kompetenz besetzt, was die Vorstände dazu bringen würde, den eigenen Laden mehr zu durchschauen.
Die Genossen könnten die Vertreter bitten, z.B. dafür zu sorgen, dass
  • die Bearbeitungszeiten von jeglichen Vorgängen pro Jahr um 10% verkürzt würden,
  • die Zinsspanne zugunsten der Kunden verringert würde,
  • Zinssenkungen der Zentralbank innerhalb von 5 Banktagen an Kreditnehmer weitergegeben würden
  • Überweisungen spätestens innerhalb eines Banktages ausgeführt würden
  • die Prozesse und das Formularwesen entschlackt und beschleunigt würden
  • moderne Möglichkeiten für ePayment angeboten würden, die bezahlbar bleiben
  • die Geschäftskosten pro Jahr um 5% zu senken.
  • die eigenen Rücklagen pro Jahr um 10% zu steigern
  • u.v.a.m....
Somit würde die Volksbank im Meer der Wackelkandidaten zu einem wahrhaft stabilen Dienstleister des Volkes, der Kunden und der Genossen, wohlwollend aber kritisch begleitet durch aufmerksame Genossen und deren Vertreter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Neuer Kommentar in Tim´s Blog