Sonntag, 8. Februar 2009

Schäfer-Gümbel und die Ehrlichkeit

Wie sich anlässlich einer kleinen Unvorsichtigkeit herausstellte, ist der in Twitter erschienene "TSGhessen" gar nicht TSG selbst, jedenfalls nicht er alleine, sondern für die angeblich authentische "Person" TSG haben heimlich im Hintergrund andere ebenfalls Nachrichten im "Ich-Format" via Twitter an seine umfangreiche Nachfolgerschaft ("Followers") geschrieben. TSG hatte mindestens einen Ghostwriter, der für ihn sprechen bzw. schreiben durfte! Dass der Ghostwriter im Namen und in Verantwortung für den Spitzenkandidaten den Lesern eine schein-authentische Teilhabe am politischen Leben vorgaukelt, ist für mich a) erschreckend und b) beleidigend, wenn man mit dem Anspruch der Authentizität auftritt.
Vielleicht ist es von der Leserschaft auch naiv gewesen zu hoffen, dass sich ein Spitzenkandidat einer Landespartei so direkt einer kleineren Öffentlichkeit stellt. Direkt, ungefiltert, ohne Schutzmantel der Apparate, Sekretäre/Sekretärinnen/Assistenten, Mitarbeiter. Ja, es wäre mutig gewesen. Es hätte eine ehrliche Kommunikation werden können, auf gleicher Augenhöhe.

War es aber nicht. Nein, TSG macht weiter, was Y vormachte - Wortbruch, Enttäuschung, mit einem Wort: "SPD". Weiter so!

Apropos "Weiter so": TSG schrieb / lies vor der Wahl schreiben, er würde weiter einladen, berichten, aktiv sein... War er es, als es doch nicht mit den 45% Unentschlossenen zum neuen Ministerpräsidenten von Hessen nicht ganz langte? Oder fehlt er uns oder die Lügen und Scheingedanken eines Schein-MP? Ich denke: NEIN. Es war ein linkes Experiment, linkisch durchgeführt, alle Leser wurden "gelinkt" und dann lies er die Leser einfach nur noch Links liegen. Danke, lieber TSG!

Danke aber auch und gerade an Barracuda Zeisberger für die guten, geleisteten Dienste! Erstmal den SPD-Funktionären dieses Experiment im neue Medium einreden und dann dem Auftraggeber so elegant wie unabsichtlich den gelieferten Teppich unter dem Füssen wegziehen. Shit happens, again! So wurde auf Kosten der SPD doch ein Lehrstück für die interessierte Öffentlichkeit daraus. Auch der neue SPD-Chef ist wortbrüchig und unverlässlich.

Warum noch immer mehr wie 2000 Follower auf das Wiederkunft des Herrn TSG warten, lässt mich erschaudern (andererseits warten andere Leute seit 2000 Jahren auf die Wiederkehr ihres Herren und was sind da schon 5 Jahre Diaspora und Interregnum!). Auf was warten die? Wo ist noch der Unterhaltungswert, der Nachrichtenwert?

Aktuell trifft man auch hie und da andere Politiker im Twitter... Politiker, die in ihrer Karriere noch Wahlen gewinnen wollen/müssen und es auch wagen der Wählerschaft einen Einblick in ihr Leben zu geben und mit ihnen zu kommunizieren. Mögen sie die Fehler ihres Vorgängers TSG vermeiden und authentisch bleiben. Lieber keine Nachricht, als eine gelogene! (War das nicht immer das Motto und Arbeitsgrundlage der BBC?)

Wir haben in unserem Land ein Wahlrecht mit mindestens einem 50:50 Anteil für Persönlichkeitswahlen (gerade nicht den Ministerpräsidenten, aber z.B. Oberbürgermeister, Landräte, etc). Gerade im Web2.0 können sich diese Persönlichkeiten schnell, günstig und auch bedienungstechnisch sehr einfach präsentieren, um sich und ihre Positionen bekannt zu machen. Die Verbreitung von Internet-Technologie hat immer zugenommen. In der Mehrheit aller Haushalte steht bereits mindestens ein Internet-fähiger PC. Dort sind auch Wähler, die informiert werden wollen und sich - neben den klassischen Werbemitteln auch gerne mal ein *persönliches* Bild vom Kandidaten machen wollen. Bei Wahlen kann dieser persönliche Kontakt dann ausschlaggebend sein. Der Kandidat kann sicherlich nicht alle Haushalte seines Wahlgebietes besuchen, vielleicht wollen die Leute auch garnicht alle besucht werden. Aber das Angebot, sich über das Leben, die Gedanken, die Ziele des Kandidaten umsonst und zeitnah informieren zu lassen, ist schon "geil", zumal wenn es die Möglichkeit einer direkten Rückkoppelung gibt.

Ich glaube nicht mehr an die Macht der Wahlplakate, die auf dem Mittelstreifen unserer Städte wochenlang mit unsäglichen Sprüchen die Sicht versperren und als letztden Daseinszweck dem Agressionsstau der sonst zu kurz gekommen als Ventil dienen müssen. Ich glaube nicht mehr an die Wirksamkeit des "Infostandes", wenn man sich in kältesten Winterwind von den Passanten anspucken lässt, Kindern Luftballons aufnötigt, um den Eltern die unleserlichen Broschüren aufzuzwingen, die nach wenigen Metern doch im Papierkorb landen. Sichtbar bleiben kann und muss ein Politiker

Wichtig ist "den Leuten" zuzuhören und das kann man auf Twitter. Wichtig ist mit "den Leuten" zu reden, d.h. etwas zu sagen, zu erwiedern, zu antworten. Wenn man auch mal eine zugetragene Idee aufnimmt, eine bisherige Position relativiert oder verändert, DAS macht Eindruck - so schafft man Vertrauen - Mit Lüge und Wortbruch schaft man Politikverdrossenheit!

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